Eine Stadt solidarisch – Nazis keine Chance
Eine Stadt solidarisch – Nazis keine Chance

Duldung bedeutet dauernde Ungewissheit


Anlässlich der Innenministerkonferenz in Rostock hatte gestern die Initiative “alle bleiben!” deutschlandweit zu Aktionen für eine neue Bleiberechtsregelung auf. In Bochum beteiligen sich der Flüchtlingsrat NRW, die Medizinische Flüchtlingshilfe, das Bündnis gegen Rechts, das Bochumer Forum für Antirassismus und Kultur, Amnesty international und andere Initiativen mit einer Kundgebung vor dem Hauptbahnhof an der Aktion. In einem Redebeitrag machte Birgit Naujoks (Foto), die Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates klar, worum es geht: »Etwa 90.000 Menschen leben mit einer Duldung in Deutschland. Das bedeutet, dass diese Menschen ausreisepflichtig sind, die Abschiebung jedoch aus unterschiedlichen Gründen ausgesetzt ist. Mit Duldung leben heißt leben mit vielen Einschränkungen. Es gibt keine Sprachförderungsangebote, der Zugang zum Arbeitsmarkt ist erheblich erschwert, die Menschen werden sehr oft in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Dadurch bestehen kaum Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe. Am schlimmsten ist jedoch die dauernde Ungewissheit, wie lange man noch in Deutschland bleiben kann.
Die Angst vor einer Abschiebung prägt das Leben – und das oft viele Jahre lang. Auch Kinder, die hier geboren sind, deren Heimat Deutschland ist und die ihr „Herkunftsland“ nicht kennen, müssen damit rechnen, mit ihrer Familie in das für sie fremde Land zurückgeführt zu werden.
Es müssen endlich dauerhafte Regelungen gefunden werden, damit Flüchtlinge nicht weiterhin über Jahre mit dem unsicheren Aufenthaltsstatus einer Duldung in Deutschland leben müssen.
In der Vergangenheit hat es bereits Versuche gegeben, durch eine Bleiberechtsregelung eine Möglichkeit für Geduldete zu schaffen, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Jedoch waren diese Regelungen an viel zu restriktive Voraussetzungen geknüpft. Beispielsweise sollten die Menschen, die jahrelang systematisch desintegriert wurden, auf einmal den vollständigen Lebensunterhalt für die gesamte Familie sichern. Zudem galt die Regelung nur für Menschen, die bis zu einem bestimmten Stichtag nach Deutschland eingereist waren, später eingereiste Menschen wurden von der Regelung erst gar nicht erfasst. Deshalb ist es auch durch die beiden letzten Bleiberechtsregelungen von 2006 und 2007 sowie der Verlängerung in 2009 ist es nicht gelungen, den Aufenthalt für einen Großteil der Betroffenen abschließend zu sichern. Viele Menschen leben weiterhin in großer Unsicherheit und Angst. Deshalb brauchen wir eine neue, stichtagsfreie Bleiberechtsregelung.
Der Flüchtlingsrat NRW fordert konkret

  1. Flüchtlinge mit einer Duldung müssen nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland ein Bleiberecht ohne Stichtagsregelung erhalten, besonders schutzbedürftige Menschen wie Schwerkranke, Traumatisierte, alte Menschen, Menschen mit Behinderungen, unbegleitete Minderjährige, alleinerziehende Frauen mit kleinen Kindern und Opfer rassistischer Übergriffe bereits nach drei Jahren.
  2. Unverschuldete fehlende Lebensunterhaltssicherung darf kein Hindernis für ein Bleiberecht sein.
  3. Für die potentiell Begünstigten einer solchen Regelung muss ein Abschiebestopp erlassen werden. «