Eine Stadt solidarisch – Nazis keine Chance
Eine Stadt solidarisch – Nazis keine Chance

Eindeutiges Votum für ein Verbot der AfD

Der Saal in der Rotunde war brechend voll. Alle Stühle besetzt und immer noch kamen Menschen herein. Wer sich jung genug fühlte, setzte sich auf den Boden, andere blieben zwei Stunden stehen. Weit über 200 Teilnehmende – das übertraf nun wirklich auch die kühnsten Erwartungen.

In der Eröffnungsrede begründete Sabine Reich, designierte Leiterin des Prinz-Regent-Theaters Bochum und Vertreterin der einladenden Initiativen, dass ein Verbotsverfahren gegen die AfD notwendig und möglich ist, wies aber darüber hinaus sehr eindringlich darauf hin, dass die Verteidigung der Demokratie sich gegen alle Menschenrechtsverletzungen richten muss und nicht bei Maßnahmen gegen die AfD stehen bleiben kann.

Die Podiumsdiskussion, die von Stephan Hebel, langjähriger Redakteur und heute noch Kolumnist der Frankfurter Rundschau, professionell und konstruktiv moderiert wurde, begann mit einer Abstimmung. Zur Wahl standen die Positionen: Antrag an das Bundesverfassungsgericht auf Prüfung eines AfD Verbots sofort (große Mehrheit); vor einem Antrag in Karlsruhe erst mal Gutachten zu den Chancen des Verbots einholen (ca. 20 Prozent) und kein Verbot (ca. 10).

Die Diskutant*innen waren sich im Wesentlichen einig darüber, dass die AfD in den letzten Jahren immer mehr und immer offener zu einer rechtsradikalen Partei geworden ist. Prof. Dr. Stefan Huster, Professor an der Ruhr-Uni für öffentliches Recht und einer der siebzehn Staatsrechtler*innen, die sich für ein AfD Verbot ausgesprochen haben, machte u.a. deutlich, dass ein solches Verfahren, das sich ja über 4 -5 Jahre hinziehen kann, durchaus auch zeitkritisch ist. Die Gefahr, dass die AfD nach der Wahl in 4 Jahren mitregiert und dadurch ein Verbotsantrag fast unmöglich wird, ist nicht zu leugnen.


Michèle Winkler, Politische Referentin des Komitees für Grundrechte und Demokratie, gab für die Entscheidung über ein AfD-Verbot drei Einwände zu bedenken: Zum einen bestehe die Gefahr, sich nur auf die AfD zu beschränken und die allgemeine politische Rechtsentwicklung nicht mehr ins Visier zu nehmen – ein Gedanke, der ihr an dem Tag, an dem Merz uns in Trump-Manier drohte, an seinem ersten Regierungstag die Menschenwürde und -rechte mit Füssen zu treten, viel Beifall einbrachte; zum anderen werde durch die Fokussierung auf ein Verbot ein autoritäres Staatsverständnis bestärkt. Zum Dritten würden mit dem Verbot die zugrundeliegenden Krisentendenzen des globalen Kapitalismus der da mit zusammenhängenden ökologischen und sozialen Probleme nicht bearbeitet, sodass auch die Gründe des Aufstiegs extrem Rechter Parteien nicht wirkungsvoll bearbeitet würden.

Axel Schäfer, Bochumer Bundestagsabgeordneter der SPD und Unterzeichner des Wanderwitz-Antrages, versuchte, die Position der SPD dem Publikum nahezubringen, was nicht nur in dieser Frage eine fast unlösbare Ausgabe ist. Beifall erhielt er für die Bemerkung, dass die – wie jetzt in Aschaffenburg – zweifellos schrecklichen, aber insgesamt doch wenigen – Gewalttaten von Migranten wochenlang Politik und Medien bestimmen, während es die 300 Morde durch rechte Gewalttäter und die 365 Femizide im Jahr sehr selten in eine Schlagzeit schaffen und dann auch am nächsten Tag schon wieder vergessen sind.

Angelika Ivanov, Sprecher*in bei der GLS Bank, zeigte nicht nur – auch aus eigenem Erleben – die Gefahr auf, die durch den Rassismus, aber auch das reaktionäre Frauenbild der AfD real drohen, sondern gab auch einen Anstoß, über die Ursachen der Rechtsentwicklung zu diskutieren, indem sie die Ungleichheit der Vermögensverteilung (Oxfambericht) an den Pranger stellte.

Am Ende der Versammlung fand die Abstimmung noch einmal statt: überwältigende Mehrheit für ein sofortiges Verbotsverfahren, einzelne für Prüfung und Handvoll dagegen.

Einige Stellungnahmen aus dem Publikum nach der Veranstaltung: Renate: „Es war niemand im Saal, der sich mit dem Thema AfD-Verbot nicht schon auseinandergesetzt hätte, und trotzdem konnten alle aus dem Abend für sich etwas mitnehmen.  Denn die Podiumsteilnehmer diskutierten aus ihrer je individuellen Perspektive – juristisch, politisch, persönlich, menschenrechtlich – und erweiterten so den Blickwinkel des Auditoriums. Ein Abend, der Mut machte und der Hoffnung Auftrieb gab, dass die Forderung nach dem AfD-Verbot eine wachsende Unterstützung erfahren wird.“ und Ralf: „Das hätte ich so nicht erwartet: Im überfüllten Saal waren beinahe alle  für einen Verbotsantrag.Bedenken dagegen standen weder auf dem Podium noch bei den Beiträgen aus dem Publikum im Vordergrund. Weil ihre Politik verfassungswidrig ist.

Das war der Versammlung wichtig: Die AfD steht mit Hass und Hetze gegen die Gleichheit aller Menschen und die Gleichheit ihrer Menschenwürde, je ärmer und hilfsbedürftiger, desto mehr. Dies nicht nur gegen Geflohene und Migranten, sondern auch zum Beispiel  gegen Geschlechtergleichheit und die Gleichheit unterschiedlicher sexueller Identitäten.

Sie will, wenn sie die Macht dazu erhält, mit dem „System“ „aufräumen“, setzt auf autoritäre Führer statt Demokratie. Sie untergräbt schon jetzt mit Fakes statt Fakten die politische Willensbildung in Gesellschaft und Staat. Die Versammlung war ein Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten.“